Die Kriterien unserer Standards haben wir um zusätzliche Verpackungskriterien erweitert, da wir finden, Naturprodukte in umweltschädlichen Verpackungen sind ein Widerspruch in sich. Unser Fokus bei der Entwicklung der Kriterien lag auf der Recyclingfähigkeit. Daraus ergeben sich für unsere Produktzertifizierungen folgende Verpackungskriterien:
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Grundlegende Anforderungen
Naturprodukte in umweltschädlichen Verpackungen passen nicht zusammen. Erst recht nicht, wenn die Verpackung einen grünen Eindruck vermittelt, obwohl sie den Recyclingprozess stört oder sogar nicht recyclebar ist. Solchen Greenwashing-Verpackungen stellt der Standard seine Kriterien entgegen:
Diese Verpackungskriterien gelten für Produkte, die unter eigener Marke oder in Eigenproduktion für Endverbraucher in Verkehr gebracht werden. Verpackungen für den B2B-Transport oder -Verkauf werden hier nicht behandelt.
Prinzipiell soll beim Einsatz von Packstoffen und Packmitteln darauf geachtet werden, dass die Verpackungsaufgabe mit dem geringstmöglichen Gesamtimpakt (wirtschaftlich, sozial, ökologisch) passgenau erfüllt werden kann.
Der Impakt ist immer über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg zu ermitteln (Rohstoffherstellung, Verarbeitung, Logistik, Nutzung, End of life, Aufbereitung und neuer Rohstoffeinsatz).
Verpackungen werden nach folgender Prioritätenfolge eingesetzt:
- Priorität Vermeiden: So wenig wie möglich. Leitfrage ist: Ist die Verpackung unabdingbar?
- Priorität Vermindern: Die Verpackung, die notwendig ist, soll so wenig wie möglich Material beanspruchen. Leitfrage ist: Kann das Packmittel reduziert werden z. B. durch Refill-Möglichkeiten?
- Priorität Reuse: Bevorzugt Mehrweg- als Einwegverpackungen. Das heißt, bevor Einwegverpackungen aus Rezyklat konzipiert werden, ist zu klären, ob nicht ein Mehrwegsystem, gleich welcher Ausprägung, möglich wäre. Leitfrage ist: Gibt es für die geplante Verpackung ein Mehrwegsystem?
- Priorität Recyclingfähigkeit: Recyclingfähigkeit von Packmitteln und Packstoffen, die von der EU und in Deutschland gefordert wird. Dabei geht es nicht um eine theoretische Recyclingfähigkeit von Stoffen, sondern um die Recyclingfähigkeit eines kompletten Packmittels (incl. Verschluss und Etiketten) in den vorhandenen Wertstoffströmen. Leitfrage ist: Ist die Verpackung derzeit tatsächlich reclyclebar? Ist sie vom Verbraucher einfach den entsprechenden Wertstoffströmen zuzuordnen?¹
- Priorität Entleerbarkeit: Restentleerbarkeit der Verpackung. Um den Sortier- und Recyclingprozess nicht zu stören, muss die Verpackung gut restentleerbar sein. Leitfrage ist: kann die Verpackung restentleert werden?
Die im Anhang aufgelistet Materialien, die als grün gekennzeichnet sind, dürfen verwendet werden.
Alle orangen und rot gekennzeichneten Materialien sind Störstoffe für den Recyclingprozess.
Die orangen gekennzeichneten Materialien sind toleriert, werden derzeit jedoch von der Standardgeberin nicht empfohlen.
Die rot gekennzeichneten Materialien dürfen nicht eingesetzt werden.
Da die technischen Möglichkeiten der Recycling-Industrie einem immensen Wandel unterliegt, werden die Kriterien inkl. Materialliste alle 2 Jahre von der Standardgeberin auf ihre Aktualität überprüft und ggfls. angepasst.
Darüber hinaus gelten für die Materialien die folgenden Mindestanforderungen:
Verbot von PFAS.
Die eingesetzten Verpackungen sind frei von Per- und Polyfluoralkylsubstanzen. Sofern sich PFAS in den derzeitigen Verpackungen finden, legt das Unternehmen einen Maßnahmenplan vor, die Verpackungen bis 2027 durch PFAS-freie zu ersetzen.
Papierverpackungen:
Vollständig recycelte Papiermaterialien sind Frischpapier zu bevorzugen.
Der Recyclinganteil in Papierverpackungen entspricht mind. 50%. (Ausnahmen werden im Lebensmittelbereich für spezifisch rechtliche Anforderungen an die Verpackungen gewährt.)
Rohpapiermaterialien stammen entweder aus FSC oder PEFC-Quellen.
Das Papier darf nicht mit Chlor oder Chlorderivaten gebleicht sein. Nur TCF wird erlaubt.
Insbesondere Nassfestmittel, Fettdichtmittel und Ausstattungen auf Basis von PFC sind nicht erlaubt. Beschichtungen und Laminierungen sollten grundsätzlich nicht auf Papiermaterialien verwendet werden.
¹D.h. die Verpackungen / Packmittel sollten so markiert sein, dass der Verbraucher sie dem richtigen Stoffstrom zuordnet. Außerdem müssen Packstoffe und Packmittel automatisch erkennbar und sortierbar sein (NIR-Technologie zur Sortierung von recyclingfähigen Stoffen). Zusätzlich müssen sie in den vorhandenen Stoffströmen aufbereitbar sein und sich wieder zu einem wirtschaftlichen Grad zu Rohstoff / Packstoff umwandeln lassen.
Verpackungen auf Holzbasis
Das Holz stammt aus FSC oder PEFC-Quellen. Die Verpackungen müssen so konstruiert sein, dass eine Trennung verschiedener Materialien möglich ist.
Verpackungen aus Kunststoff
Anforderungen an den Rezyklat-Anteil in Kunststoffverpackungen bezogen auf die Produktart:
Material / Produktart | Lebensmittel | Kosmetik und kosmetikähnliche Produkte | Naturprodukte |
PET | 90% | 90% | 90% |
PP | -* | 50%**,*** | 80%** |
PE | -* | 50%**,*** | 80%** |
*Die Möglichkeit, PE und/oder PP mit Rezyklat-Anteil für Lebensmittel einzusetzen, wird vom Standardgeber an die Marktbedingungen angepasst. Derzeit (Stand Ende 2023) ist keine Lebensmittelkonformität mit rPE und rPP zu erfüllen.
** Es sei denn eine eigene Recyclinganlage wurde aufgebaut und die Rücklaufquote befindet sich nicht bei 80% und das zu zukaufende Material ist mit synthetischen Duft- oder genotoxischen Substanzen verunreinigt. In diesem Fall legt das Unternehmen einen Maßnahmenplan vor, wie es den Einsatz von Petrochemie basiertem virgin-Material bis 2027 schrittweise reduzieren kann.
***Gilt nicht für produktberührende Teile der Verpackung, wenn eine Lebensmittelkonformität gefordert ist. Intelligente Verpackungslösungen z.B. mit mehreren Schichten, die von Verbrauchern getrennt werden können, sind ausdrücklich gewünscht.
Keine unterschiedlichen Kunststoffe auf Vorder- und Rückseite. Recyclinggerechte Druckfarben ( Mindeststandard:EuPIA-konforme Druckfarben ). Bei der Verwendung von Etiketten oder Sleeves aus Fremdmaterial, sind sie kleiner als 50% der Verpackungsoberfläche (s. Mindeststandard Störstoffe NIR).
Keine PETG-Sleeves oder -Bestandteile bei PET-Flaschen.
Keine Cellulose-basierten Etiketten in fester Verbindung zu Polyolefin-Verpackungen außer für Überklebung von Standardetiketten oder zum Einsparen einer erneuten Verpackung.
Keine Silikonbestandteile.
Verpackungen aus Glas
Keine permanent haftende (nicht wasserlöslich/hydrophob) großflächige Kunststoffetiketten.
Klebstoffe
Nur REACH konforme Klebstoffe dürfen verwendet werden.
Erläuterungen zu den Kriterien und Handlungsempfehlungen
Der § 21 des Verpackungsgesetzes* sieht die Implementierung finanzieller Anreize für den Einsatz recyclingfähiger Verpackungen vor. Keine Recyclingfähigkeit wird eine Zahlung der Inverkehrbringer nach sich ziehen, der Einsatz von mind. 90% recyclingfähiger Verpackungen jedoch sieht eine Rückerstattung vor.
Der Standardgeber empfiehlt daher sowohl aus finanzieller als auch ökologischer Sicht, sich nicht nur an die Mindestvorgaben in diesem Standard zu halten, sondern den Empfehlungen zu folgen.
*„§ 21 Ökologische Gestaltung der Beteiligungsentgelte
(1) Systeme sind verpflichtet, im Rahmen der Bemessung der Beteiligungsentgelte Anreize zu schaffen, um bei der Herstellung von systembeteiligungspflichtigen Verpackungen
- die Verwendung von Materialien und Materialkombinationen zu fördern, die unter Berücksichtigung der Praxis der Sortierung und Verwertung zu einem möglichst hohen Prozentsatz recycelt werden können, und
- die Verwendung von Rezyklaten sowie von nachwachsenden Rohstoffen zu fördern. …“ (VerpackG vom 05.07.2017)
Insbesondere bei Faserstoffen wird häufig vorausgesetzt, dass diese selbstverständlich recyclefähig seien. Das kann aber bereits durch den falschen oder zu dicken Lack, durch Hotmelts in Faltschachteln oder durch Beschichtungen und Ausstattungen ausgehebelt werden. Auskunft über die Recyclefähigkeit bei Faserstoffen gibt die Norm PTS-RH 021 97. Bei Faserstoffen sollte auch die Herkunft überprüft werden, da circa die Hälfte der Zellulosen aus Lateinamerika und aus Eukalyptus-Monokulturen stammen. Um diesen Trend nicht zu unterstützen, gilt es, nicht nur die Zertifikatsnummer des produzierenden Unternehmens in der FSC-Lieferkettenverfolgung zu sehen, sondern auch die Nummern der einfließenden Rohstoffe aufzuführen.
Die Recyclingfähigkeit von Verbundmaterial, Kunststoff, Glas und Metallverpackungen wird durch Unternehmen wie HTP-cylcos, Interseroh oder Clover bestätigt. Die EU arbeitet am Aufbau einer Circular Economy, daher ist es sinnvoll möglichst viel Rezyklat, Altstoff oder Scherben in den Packmitteln einzusetzen. Der Einsatz von Rezyklat, beispielsweise im Faserbereich, sorgt auch dafür, dass die Rohstoffe eher aus heimischen Sammlungen, denn aus Quellen von anderen Kontinenten stammen.
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